Die Arqus-Allianz besteht aus sieben Partneruniversitäten, die eng in Lehre, Forschung und Administration kooperieren wollen. Teil der Initiative sind auch die Universität von Graz und Granada. Überschneidungen in wissenschaftlicher Hinsicht gab es zwischen den beiden Hochschulen bzw. Städten auch schon, bevor die Allianz aus der Taufe gehoben wurde. Ein Beispiel ist ein Aufsatz von Pablo Argárate vom Institut für Ökumenische Theologie, Ostkirchliche Orthodoxie und Patrologie. Darin beschreibt er, wie eine entscheidende Niederlage in Granada massive Auswirkungen auf das Judentum und den Islam in Europa hatte.
1492 – das Jahr, in dem Kolumbus Amerika erreichte. Das Jahr, in dem Martin Behaim den ersten Globus anfertigte. Und das Jahr, als das muslimische Königreich Granada im Süden Spaniens fiel, erobert von den katholischen Herrschenden Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragón. Bis dahin hatte die Alhambra (arabisch für „rote Burg“) in der Stadt Granada als uneinnehmbare Festung gegolten, die dem christlichen Vormarsch trotzte.
Doch nach zwei Jahren Belagerung kapituliert der Emir Muhammad XII schließlich am 2. Jänner 1492. „Durch diese Niederlage ging die Vorherrschaft der Araber auf der spanischen Halbinsel nach sieben Jahrhunderten endgültig zu Ende“, beschreibt der Theologe Pablo Argárate die weitreichenden Folgen der „Reconquista“ (Wiedereroberung). Auch für die jüdische Bevölkerung sowie für die Darstellung des Islams ab dem 15. Jahrhundert in Europa brachte diese katholische Machtübernahme tiefgreifende Änderungen, wie Argárate in seinem Aufsatz „Imagining the Other. Western Representations of Islam in the Second Half of the Fifteenth-Century“ beschreibt.
Mit „den Anderen“ waren Juden und Jüdinnen gemeint, die bereits zwei Monate nach dem Fall von Granada per Edikt de facto gezwungen wurden, entweder zum Christentum überzutreten oder zu emigrieren. Auch AnhängerInnen muslimischen Glaubens wurden bald vor diese Wahl gestellt. Hunderttausende Menschen mussten nach 1492 Spanien verlassen. „Das Spanien der drei Kulturen gab es danach nicht mehr“, unterstreicht Argárate. Es kam in dieser Zeit auch zu einer Art von „ethnischen Säuberungen“, und das obwohl sowohl die jüdische als auch die muslimische Kultur das Land jahrhundertelang geprägt hatten. „Die Angst vor dem Anderen, dem Fremden, war einfach zu groß. Vorurteile und gezielte Rufschädigung – wie etwa Geschichten rund um jüdische Hostienschändungen und Brunnenvergiftungen – kamen dazu. Nicht zuletzt waren Jüdinnen und Juden auch eine direkte Konkurrenz, etwa im Handel.“
Diese Vorurteile wurden durch die Jahrhunderte bestärkt und weitergetragen. Pablo Argárate: „Für die meisten ChristInnen ist dieser andere Glaube bereits ab dem 7. Jahrhundert als Sekte oder als götzendienerische Religion dargestellt. Mohammed ist Gegenstand von diffamierenden Biographien. Von wenigen Ausnahmen abgesehen wird eine objektive Kenntnis dessen, was wir heute Islam nennen, erst im Zuge der Aufklärung oder gar im 19. Jahrhundert erlangt werden.“ Stattdessen wurden in den vielen antimuslimischen Abhandlungen die unterschiedlichsten Informationen zusammengetragen, die im Laufe der Jahrhunderte „recycelt“ wurden.
Für Spanien bedeutete der erfolgreiche Abschluss der Reconquista dagegen, dass das vormals in Teilreiche gegliederte Land endlich als Staat zusammenwachsen konnte. Nach Jahrhunderten der internen Kämpfe um die Vormacht verstand sich Spanien nun als geeint, homogen und konnte sich deshalb auf Handel bzw. auf Eroberungen in der Welt konzentrieren. Mit der „Entdeckung“ Amerikas im Oktober 1492 begann dann sein Aufstieg zur ersten Kolonialmacht Europas.