Postings verbindet man heute mit dem Internet. Doch sie waren bereits im Mittelalter üblich: Gelehrte hinterließen an den Rändern oder zwischen den Zeilen von Handschriften ihre Kommentare. Diese sogenannten Glossen erleuchten nicht nur den besprochenen Text, sondern geben auch Aufschluss über den Hintergrund der Verfasser. „Sie zeugen aus erster Hand über den engen Kontakt sowie den sprachlichen und geistigen Austausch zwischen dem keltischen Teil Europas auf den britischen Inseln und der Bretagne und dem Karolingerreich, dem Vorläufer des heutigen Frankreichs“, schildert Philologe Bernhard Bauer.
In seinem Projekt „Glossit“ analysiert er die Anmerkungen zu den Werken zur Kalenderberechnung des englischen Mönchs und Gelehrten Beda venerabilis (672–735) sowie zur lateinischen Grammatik des Byzantiner Priscian (um 500). „In den unterschiedlichen Abschriften dieser Werke findet man die meisten keltischsprachigen Glossen, oft dieselben in verschiedenen Übersetzungen“, so Bauer. Diese möchte er nun mit Methoden der elektronischen Datenverarbeitung analysieren, um den Einfluss der inselkeltischen Sprachen – also des Altirischen, des Altbretonischen und des Altwalisischen – auf das im Karolingerreich verwendete Lateinische untersuchen.
Bauer studierte in Wien Keltologie und schrieb seine Dissertation im Fach Indogermanistik. Ab 2015 forschte und lehrte er am Department of Early Irish an der National University of Ireland in Maynooth. Seit 2021 ist er am Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz tätig.
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